Sehr geehrte Damen und Herren

KLAR! Schweiz als eine Organisation mit gegen 1000 Mitgliedern kümmert sich bereits seit über 18 Jahren um den verantwortungsvollen Umgang mit radioaktiven Abfällen. In diesem Rahmen wirken verschiedene unserer Mitglieder in führenden Funktionen bei den im Sachplan vorgesehenen Regionalkonferenzen mit. Die enge Verknüpfung der Energieproduktion, und damit die Energiestrategie mit ihren Risiken, sind unsere Kernthemen. Wir erachten uns als befähigt, zur geplanten Energiestrategie 2050 kompetent Stellung zunehmen. KLAR! Schweiz begrüsst grundsätzlich und ausdrücklich die Stossrichtung der bundesrätlichen Energiestrategie im Interesse unserer Bevölkerung und unserer Nachkommen.

Der Bundesrat geht einen weiteren Schritt, um die Energiewende in der Schweiz zu konkretisieren. Er bekräftigt insbesondere seine Bekenntnisse zum Verzicht auf den Neubau von Atomkraftwerken, zum Ausbau der erneuerbaren Energien, zu Effizienzzielen, strengeren Vorschriften und weiteren Massnahmen bezüglich der Effizienz von Gebäuden und Fahrzeugen.

Um die Energiestrategie 2050 auf den richtigen Weg zu schicken, braucht es aber darüber hinausweisende, klare politische Rahmenbedingungen sowie eine rasche Umsetzung wichtiger und griffiger Massnahmen. Nur so können sich Verbraucher, Produzenten und Investoren auf die neue Energiepolitik einstellen, Nutzen daraus ziehen und ihren Anteil beitragen. Und vor allem können nur so mögliche Risiken und daraus resultierende gesundheitliche Schäden minimiert werden.

An die Energiestrategie 2050 stellen wir folgende Forderungen:

  1. Neben dem Verbot von Rahmenbewilligungen für die Erstellung neuer Atomkraftwerke braucht es eine Laufzeitbeschränkung für die bestehenden Atomkraftwerke. Die Lebensdauer der Schweizer AKW muss auf 40 Jahre beschränkt werden. Eine Beschränkung der Lebensdauer ist nicht nur aus Sicherheitsgründen geboten. Auch aus Betreibersicht sehen wir ein Interesse, die Stilllegung der AKW zu terminieren, nicht zuletzt um klare Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien und Effizienzmassnahmen zu setzen und Investitionssicherheit (auch für Elektrizitätswerke in Besitz von Kantonen oder Gemeinden) zu gewährleisten. Zusätzlich kann nur so eine weitere Zunahme des radioaktiven Abfallberges verhindert werden, dessen Entsorgung nach wie vor ungelöst ist. Wir weisen auch darauf hin, dass jegliche Verzögerung, aus dem unseligen nuklearen Kreislauf auszusteigen, zu weiteren gesundheitlichen und sozialen Problemen bei Betroffenen und für die Natur führen (Urangewinnung, mögliche gesundheitliche / genetische Schäden um nukleare Anlagen)
  2. Es müssen umgehend jegliche Relikte aus dem Sachplan zur Entsorgung von radioaktivem Abfall entfernt werden, welche als Schlupfloch für die Realisierung neuer Atomkraftwerke dienen können. Nach wie vor ist im Sachplan festgehalten, dass der Bundesrat an der Kernenergie festhält – und so der beschlossene Atomausstieg nicht dokumentiert ist – und andererseits die Tiefenlager auch für künftige AKW auszulegen seien.
  3. Das vorgeschlagene etappierte Vorgehen und der Zeithorizont 2050 verlangsamen den Fahrplan der Energiestrategie und sind nicht auf den vorgesehenen Atomausstieg ausgerichtet. Laut Plänen des Bundesrats sollen beim Ausbau der Photovoltaik nur 30% des Zubauziels vor 2035 realisiert werden (bis 2020 gar nur 6%), die restlichen 70% sollen erst in den 15 Jahren zwischen 2035 und 2050 erfolgen.     
  4. Wir fordern die Umsetzung bis auf das Jahr 2035, damit möglichst rasch eine auf Effizienz und zu 100% auf erneuerbaren Energien beruhende Stromversorgung sichergestellt werden kann.          
  5. Der Stromverbrauch der Schweiz soll mittels einer konsequenten Effizienzpolitik stabilisiert oder gesenkt werden. Die Stromeffizienz ist die Grundlage für das Gelingen der Energiewende. Bis heute wurde diesbezüglich viel zu wenig unternommen und auch der Vorschlag des Bundesrats greift zu kurz. Neben der sofortigen Einführung einer Stromlenkungsabgabe (es gibt keinen Grund, damit bis zur zweiten Etappe der Energiestrategie 2050 zu warten), braucht es ein ausgewogenes Massnahmenpaket, das Verpflichtungen sinnvoll mit Bonus- und Malusregelungen verbindet und dabei alle Verbrauchsgruppen umfasst. Die Instrumente müssen sich an verbindlichen Verbrauchszielen orientieren.   
  6. Auch wir lehnen den einseitigen Fokus auf einen verstärkten Ausbau der ohnehin sehr stark genutzten Wasserkraft ab und kritisieren auf das Schärfste die vorgesehene Blockierung der Photovoltaik, der Erneuerbaren-Technologie mit dem mit Abstand höchsten Zubaupotenzial. Statt dessen fordern wir einen verstärkten Ausbau der Photovoltaik mit einem zukünftigen Einsatz von mindestens 50% der Fördermittel. Dies würde nicht nur den geplanten Zubau von klimaschädlichen fossilen Kraftwerken überflüssig machen, sondern auch die Schweizer Eigenversorgung und Wertschöpfung in der Schweiz stärken.       
  7. Im Sinne einer ökologischen Umsetzung des Ausbaus erneuerbarer Energien fordern wir einen einheitlichen Planungsansatz, der nicht nur Nutz-, sondern auch Schutzgebiete ausweist. Die Vorlage der Energiestrategie 2050 steht dagegen dem mehrfach in Volksabstimmungen geäusserten Bedürfnis nach einer intakten Natur und Landschaft entgegen. Der Vorschlag einer einseitigen Nutzungsplanung widerspricht dem Ansatz einer nachhaltigen Entwicklung und missachtet das Gebot der Minimierung von Konflikten. Ebenfalls nicht zustimmen können wir den Plänen des Bundesrats, zukünftig in einem «nationalen Interesse» primär die Wind- und Wasserkraft zu fördern, denn dies würde zu einem unkoordinierten Wildwuchs an Kraftwerkprojekten und einer Aushebelung der bisherigen Schutzbestimmungen führen.
  8. Wir lehnen eine Subventionierung von mit fossiler Energie betriebenen WKK-Anlagen (Wärme-Kraft-Kopplung) entschieden ab. Die vorgeschlagenen Regelungen würden den Einsatz erneuerbarer Energien unnötig konkurrenzieren, zwangsläufig die rasche CO2-Emissionsreduktion in der Schweiz behindern sowie hohe Kosten verursachen. Stattdessen fordern wir den Aufbau von Fernwärmenetzen entsprechend den kantonalen Energieplänen.        
  9. Im Verkehrsbereich fordern wir eine Verschärfung des CO2-Emissionsziel­werts bei Neuwagen auf 80g CO2 pro Kilometer bis Ende 2020. Die neuesten Vorgaben in den USA (die einem Neuwageneffizienzziel von 71-83g CO2/km bis 2020 entsprechen würden), machen deutlich, dass die geplanten Zielvorgaben von 95g CO2/km für die Schweiz viel zu bescheiden sind.

KLAR! Schweiz anerkennt ausdrücklich die Bemühungen und den guten Willen des Bundesrats und ist davon überzeugt, dass die Energiewende unser Land zukunftsfähig macht. Es muss aber die Aufgabe von uns allen im Sinn des erwähnten Wohlergehens sein, mit Nachdruck die verschiedenen angesprochenen Massnahmen umgehend umzusetzen. Wir fordern Sie deshalb freundlich auf, die Vorlage entsprechend unserer Verbesserungsvorschläge zu überarbeiten und danken für die sorgfältige Prüfung unserer Anliegen.

Mit freundlichen Grüssen

KLAR! SCHWEIZ

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